Rundstrecke: Der Lauf beginnt am östlichen Ende der Laugavegur, Reykjaviks zentraler Einkaufstrasse, Ecke Snorrabraut. Auf der Laugavegur bis zur Skolavördustigur und dann links die Anhöhe hinauf zur Hallgrimskirkja Kirche. Von dort auf der Njardargata wieder hinunter bis zum Stadtpark. Im Park rechts stadteinwärts halten und über die Brücke (Skothusvegur) den Stadtweiher überqueren. Rechts auf der Tjarnargata und der Adalstraeti durch die Altstadt und dann halblinks auf der Tryggvagata bis zum alten Hafen laufen. Von hier aus rechts halten und den Fuß- und Radweg am Kai entlang bis zum Konferenzzentrum Harpa und weiter am Wasser entlang am Wikingerschiff vorbei bis zur Ecke mit Snorrabraut laufen. Von hier wieder stadteinwärts bis zur Laugavegur. 6,3 km.
Wenn der Wind vom Polarkreis weht, wird es frostig auf Reykjaviks Straßen, auch, wenn die Sonne schon am frühen Morgen hoch am Himmel steht. Doch in der nördlichsten Hauptstadt der Welt bleibt die Innenstadt auch an Wintertagen schnee- und eisfrei, denn Häuser, Straßen und Plätze werden ganzjährig mit erdwarmem Wasser beheizt. Vielerorts pufft heißer Dampf aus dem Boden. Island sitzt buchstäblich wie ein Kochtopf auf der Feuerstelle. Dank seiner Lage, genau auf dem Riff zwischen der euroasiatischen und amerikanischen Erdplatte, gibt es in Island mehr vulkanische Aktivität als irgendwo sonst auf der Welt – und damit unerschöpfliche Reserven geothermischer Energie.
Wir starten unseren Rundlauf durch die isländische Hauptstadt am östlichen Ende der Laugavegur, Reykjaviks zentraler Einkaufsstraße. Zwei- und dreistöckige Häuser reihen sich aneinander, ansprechend gestrichen mit roter, grüner, blauer oder lavaschwarzer Farbe. Die Fensterrahmen sind in hübschem Farbkontrast gehalten. Street Art Künstler mischen das Stadtbild auf. An einer Hauswand reitet eine attraktive Frauengestalt im Kleinen Schwarzen auf hundeähnlichen Fabelwesen durch die Vollmondnacht. Auf Gitterstäben sind einzelne Handschuhe aufgespießt. Single gloves speed dating hat jemand dazu geschrieben. In den Läden werden Lopapeysa, die typischen Islandpullover aus dunkler Lammwolle mit hellen Strickmustern verkauft. Gefühlt jedes dritte Altstadthaus entpuppt sich später am Tag als Bar, Restaurant oder Musikkneipe. Kurz vor Mitternacht, wenn es allmählich dunkel wird, wird es hier richtig lebhaft. Björk, Sigur Rós, Of Monsters and Men sind nur einige der isländischen Poplegenden, die ihre Karriere in den Altstadtkneipen von Reykjavik begonnen haben und heute über 100 Millionen Mal auf YouTube angeklickt werden.
Die Hälfte aller 330 Tausend Isländer lebt in Reykjavik. Ein kleines Land, das es zu beträchtlichem Wohlstand gebracht hat. Doch wir laufen auch an vereinzelten Bauruinen vorbei, die an die bitteren Jahre der Bankenkrise erinnern. Inzwischen erlebt Island dank einer boomenden Tourismusindustrie einen beeindruckenden Wiederaufschwung.
Raumfähre mit Orgelpfeifen
Nach einem knappen Kilometer auf der Laugavegur biegen wir links ab auf die Skolavördustigur und laufen den Hügel zur Hallgrimskirkja hinauf. Diese weithin sichtbare Kirche ist das Wahrzeichen der Stadt. Aus hellem Stein erbaut, mutet sie wie eine Kreuzung aus NASA Raumfähre und spitz zulaufenden Orgelpfeifen an. Vor der Kirche steht die mächtige Statue des Leifur Eiricsson. Das ist jener Wikinger, der bereits um 1000, also lange vor Kolumbus, amerikanisches Festland entdeckte und ihm den Namen Vínland gab. Vom Platz vor der Hallgrimskirkja gönnen wir uns einen wunderbaren Blick auf die Stadt. Die Luft ist so klar, dass wir weit über den Nordatlantik und die umliegenden schneebedecken Berge und Gletscher sehen können.
Auf der Njardargata laufen wir durch adrette Wohnviertel recht steil wieder den Hügel hinunter, durch den Stadtpark hindurch und an einem Weiher entlang wieder in die Altstadt. Der zentrale Austurvöllur Platz war bis zum 18. Jhd. Schafweideland. Heute steht hier die sogenannte Kathedrale, ein einfacher Bau, der mit der Bescheidenheit einer Dorfkirche daherkommt. Durch die Altstadt hindurch joggen wir auf der Adalstraeti an Reykjaviks ältestem Gebäude, einem bunt bemalten Holzhäuschen, vorbei. In wenigen hundert Metern sind wir dann am alten Hafen angelangt. Islands Fischereiflotte mit den umstrittenen Walfangbooten ankert längst außerhalb der Stadt. Aber hier am alten Kai bieten die Boote ganz harmlose Whale Watching Fahrten an. Im Kneipengewirr des Old Harbour liegt auch die blaue Baracke des Café Haiti. Der Name wirkt am 64. nördlichen Breitengrad reichlich exotisch. Doch die Wirtin Elda hat sich in Reykjaviks Kneipenszene mit herausragendem Kaffee aus ihrer Heimat einen Namen gemacht. Ihr isländischer Ehemann verkauft dazu heimische Fischsuppe mit Bier für 20 Euro. Das ist in Island kein überhöhter Preis. Doch zum Glück kann man auf der Insel alles – auch den Toilettenbesuch – mit Kreditkarte bezahlen.
Gleich neben dem alten Hafen liegt das Harpa. Reykjaviks supermodernes Konferenz- und Konzertgebäude beeindruckt mit raffiniert ausgetüftelter Glasfassade, in der sich allabendlich bunte Lichter widerspiegeln. Wir laufen weiter entlang des Fußgängerwegs an der Uferstraße namens Saebraut. Noch ein paar hundert Meter weiter und wir gelangen zu einer besonderen Sehenswürdigkeit der Stadt: Silbrig-gelb leuchtet ein metallenes stilisiertes Wikingerschiff in der Morgensonne. In der Ferne stürzen Bergabhänge ins Meer. Seevögel fliegen lautlos vorüber. Und ganz allmählich und unaufdringlich mischen sich die Geräusche des beginnenden Morgenverkehrs in das leise Klatschen der Nordmeerwellen.