Strecke: Ein guter Ausgangspunkt ist der Stadtteil Leme, am westlichen Ende der Copacabana Bucht gelegen. Die Laufroute führt über die gesamte Länge des sichelförmigen Strands. Hin und zurück über jeweils 4,5 km kann man diese Strecke über den separat angelegten Fahrradweg oder am Strand selbst zurücklegen. Ca. 60 Minuten, inkl. Dehnübungen. Wer verlängern will, läuft weiter zum ebenso bekannten Ipanema Strand.
Wer mit Jet Lag aus Europa nach Rio kommt, dem fällt es nicht schwer, sich morgens um 6 Uhr vom dumpfen Schlag der Wellen auf den Strand der Copacabana wecken zu lassen. Im brasilianischen Winter geht jetzt die Sonne auf. Bei gutem Wetter und Temperaturen um 18 Grad Celsius herrschen perfekte Laufbedingungen.
Vom Stadtteil Leme hat man schnell die Avenida Atlántica erreicht. Die Uferpromenade ist über 4,5 km im berühmten schwarz-weißen Wellenmuster gepflastert. Dies ist Rios roter Teppich, hier heißt es sehen und gesehen werden. Am frühen Morgen sehen sich vorwiegend die Hundebesitzer. Parallel zur Promenade verläuft der Fahrrad- und Laufweg, reserviert für die schnellere Gangart. Wer hier in die Spur kommt, dessen Läuferherz ist fast schon im 7. brasilianischen Himmel angekommen.
Schnell reihen wir uns wie auf einer Perlenschnur in die Läuferkette ein. Hier ist jeder unterwegs. Jung und alt, dünn und beleibt, schwarz und weiß und kaffeebraun. Grelle Laufshirts, knappe Hosen. Brasilien ist ein farbenfrohes Land mit einem leichten Trend zur Fettleibigkeit.
Der breite Sandstrand ist blitzsauber und noch fast menschenleer. Schlaftrunkene Gestalten schälen sich aus ihren Decken, Sonnenanbeter machen den Morgengruß, Muskelfreunde üben Liegestützen. Sportsfreunde bereiten Netz und Bälle für die erste Partie Futevolei vor, ein Spiel mit Kopf und Fuß. Trainer legen Turnmatten und Geräte für die ersten Fitnesseinheiten des Tages aus. Junge Männer schieben schwere Karren mit Strandstühlen und Sonnenschirmen herbei. Rund um die knallgelben Bierbuden werden knallgelbe Tische und Stühle aufgebaut. Später am Tag bekommt man alternativ zum Bier Kokosnüsse gereicht, frisch mit der Machete aufgeschlagen.
Wir passieren die berühmten Sandburgen der Copacabana. Sie huldigen der Stadt, dem Strand, der Olympiade 2016 und Damenpopos in knappen Tangas. Während ihre Bauherren noch unter Kartons schlafen, steht ein Kasten für’s Trinkgeld bereit. Viele Menschen erfreuen sich an diesem berühmtesten aller Strände, etliche brauchen ihn zum Überleben.
Inzwischen sind wir am östlichen Ende der Bucht angekommen. Weil das Meer an dieser Stelle ruhiger ist, gehen hier die Surfbrett-Paddler aufs Wasser. Eine Gruppe durchtrainierter Frauen und Männer krault für Olympia.
Wir blicken zurück, direkt der aufgehenden Sonne entgegen. Langsam steigt sie zwischen den Inseln auf, die Rio vorgelagert sind. Der Zuckerhut ist noch von Nebelschwaden umhüllt. Die ersten Flugzeuge umrunden ihn auf dem Weg zum Stadtflughafen.
Die Sonne glitzert auf dem Strand, eben noch von einer Welle überspült. Der Sand ist hart und fest, so dass wir direkt am Wasser zurücklaufen. Der 700m hohe Corcovado Felsen mit der berühmten Christusfigur ragt jenseits der Favelas auf. Glücklich all jene, die dort oben nicht nur ein Selfie geschossen, sondern auch ohne Wolken den einzigartigen Blick über Rio genießen konnten.
Die letzten Kilometer laufen wir durch den Stadtteil Leme parallel zur Uferstraße. Hier nimmt der Alltag der Cariocas seinen Lauf. Straßenfeger und Müllabfuhr sind schon unterwegs, Lieferwagen liefern Nachschub für die vielen kleinen Läden. Ältere Herrschaften erledigen den Einkauf. Verspätete Schulkinder rennen zum Schulbus. In den Bars zeigen die Fernseher die Fußballspiele von gestern, Männer schlürfen den ersten Kaffee des Tages und reden über die Welt von morgen.
Die Zeitungen am Kiosk verkünden die Morgennachrichten. Die Folha de São Paolo, Brasiliens FAZ, schreibt über Lava Jato, den nicht enden wollenden Petrobras – Korruptionsskandal, die Sportblätter über Siege und Pleiten der brasilianischen Selecao. Armes Land – reiches Land. Die Menschen in Leme wirken zufrieden. Und die Wellen schlagen in immer gleichem Rhythmus auf den Strand der Copacabana.